„Ich wollte gar nicht auf deine Couch!“ – wenn Rettung zum Leiden führt

Brauchen Straßenhunde aus dem Ausland wirklich immer unsere Hilfe? Könnte es vielleicht sein, dass manche Hunde gar nicht „gerettet“ werden möchten?

Wir alle kennen die traurigen Berichte und elenden Bilder von Straßenhunden aus dem Ausland. Auf Internetseiten zahlreicher Organisationen, die Hunde aus dem Ausland vermitteln, heißt es oft, wenn sie nicht gerettet werden, kommen sie in eine Tötungsstation. Wir sind schockiert und emotional berührt.

Wer möchte einem leidenden Tier nicht das Leben retten?

Aus unserer Sicht können wir dem Hund ein viel besseres, sichereres und liebevolleres Leben bieten. Doch brauchen Straßenhunde aus dem Ausland wirklich immer unsere Hilfe? Könnte es vielleicht sein, dass manche Hunde gar nicht „gerettet“ werden möchten? Es gilt zu differenzieren: Handelt es sich tatsächlich um einen „echten“ Straßenhund oder um einen ausgesetzten Hund, einen verwilderten Hund, einen Hund, der in einer Auffang- oder Vermehrerstation oder im Verschlag groß geworden ist?

Eine Adoption eines Straßenhundes aus dem Ausland kann tatsächlich die Rettung für ihn sein. Es gibt aber auch Hunde, denen es auf der Straße nicht so schlecht geht, wie wir vermuten würden. Diese Hunde kommen dann durch ihre „Rettung“ in eine viel schlimmere Notlage.

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Das Verhalten von Straßenhunden – gut zu wissen

In der Regel sind Straßenhunde sehr gut im Umgang mit Artgenossen sozialisiert. Klar dürfte aber auch sein, dass Hunde, die längere Zeit auf der Straße gelebt haben, zwangsläufig einen gewissen Freiheitsdrang, eine hohe Selbständigkeit und jagdliche Erfahrungen mitbringen.

Erstaunlicherweise sind es aber oft genau diese Eigenschaften, die hierzulande als störend empfunden werden. Der Straßenhund, der sich doch eigentlich dankbar zeigen sollte, zieht an der Leine, kann in geschlossenen Räumen nicht alleine bleiben, zeigt vielleicht Futteraggressionen, verhält sich unausgelastet, entwickelt Leinen-, territorial- oder sozialmotivierte Aggressionen.

Riesenstress für Tier und Mensch

Vielleicht kommen Straßenhunde gut mit ihren Bezugspersonen zurecht – aber hatten sie in ihrem vorherigen Leben nie richtigen Kontakt zu Menschen, können sie sich sehr unsicher diesen gegenüber zeigen. Das macht sich dann so bemerkbar: Wenn es an der Tür klingelt und Besuch auftaucht oder kommt es zu unerwarteten Begegnungen beim Spazierengehen, bekommen diese Hunde großen Stress. In weiterer Folge kann es zu Durchfall, Erbrechen und Unverträglichkeiten kommen. Und leider auch zu Aggressionen und Beißvorfällen.

Wenn ein liebevolles Zuhause zum Gefängnis wird

Viele Straßenhunde (besonders Welpen) sind dem Menschen zugetan, aber ein gewisser Prozentsatz kommt dauerhaft nicht damit klar, "eingesperrt" zu sein. Diese Hunde haben bisher große Kreise gezogen und müssen plötzlich innerhalb von vier Wänden in einer Wohnung, einem Haus oder im Garten zurechtkommen. Das neue Zuhause wird zum Gefängnis und zur Qual. Und nicht nur die Hunde, auch die „Retter“ leiden darunter.

Wohin mit dem Hund?

Natürlich setzen die meisten Hundebesitzer alle Hebel in Bewegung, damit das Leid aller Beteiligten in einer solchen Situation ein Ende findet. Jedoch werden Straßenhunde aus dem Ausland leider immer wieder im Tierheim abgegeben – aufgrund von Überforderung. In weiterer Folge sind diese Tiere oft schwer zu vermitteln und entwickeln sich zu sogenannten „Langzeitsitzern“.

Klar ist, dass diese Hunde eine besonders intensive Betreuung und ein individuelles Spezialtraining benötigen. Jedoch können selbst erfahrene Hundetrainer dabei an ihre Grenzen stoßen.

Ihre Unterstützung zählt!

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Es gibt sogar Hunde, die nie eine ernsthafte Chance hätten, das Tierheim jemals wieder zu verlassen. Für manche Hunde wäre das Leben auf der Straße die bessere Wahl.

Das Handeln jedes Straßenhundes ist durch verschiedene äußere Einflüsse wie das Herkunftsland, den Lebensraum und die individuellen Erfahrungen geprägt. Aber auch die genetischen Veranlagungen spielen hierbei eine große Rolle. Das Verhalten dieser Hunde ist in der Genetik verankert und wird über Generationen durch entsprechende Umweltbedingungen ausgebildet. Das erklärt, warum manche Verhaltensweisen nicht so einfach „abtrainiert“ werden können. Diese Erbanlagen zeigen sich auch bei Welpen bzw. sehr jungen Hunden und sind keinesfalls zu unterschätzen. 

Helfen, aber richtig!

Wenn Sie sich für einen Hund aus dem Ausland interessieren, wenden Sie sich bitte an seriöse Tierschutzorganisationen und Vereine, die sich speziell für die Vermittlung von Auslandshunden einsetzen. Solche Organisationen kümmern sich meist im Ursprungsland um den Hund und suchen für diesen ein Zuhause im Zielland. Sie geben detailliert und ehrlich Auskunft darüber, wo, wie, wann und warum ein Hund von der Straße aufgelesen wurde oder seit wann er beispielsweise in einer Tötungsstation sitzt. Die Adoption wird nicht ausschließlich über Qualfotos und emotional anrührende Geschichten geführt.

Im besten Fall kümmert sich in einem ersten Schritt eine ausgesuchte Pflegestelle im Zielland um das importierte Tier. Dort hat man die Möglichkeit, den Hund unverbindlich kennenzulernen. Man wird befragt, welche Vorkenntnisse vorhanden sind, was der Interessent vom zukünftigen Mitbewohner erwartet und wie er sich die Betreuung und Erziehung vorstellt. Vor der Übergabe des Tieres an die neuen Besitzer erfolgt eine Vor- bzw. Platzkontrolle.

Kastration ist Tierschutz

Viele Straßenhunde im Ausland sind tagtäglichen Gefahren, Hunger und Krankheiten ausgesetzt. In diese Situation wird der Nachwuchs hineingeboren. Kastration ist der einzige vernünftige und tierfreundliche Weg, die Population zu verringern und das Elend der Straßentiere zu minimieren.

Verantwortungsvoller Auslandstierschutz – seriöse Vereine erkennen

Serioese Vereine erkennen (PDF, 236kB)

Checkliste fuer serioese Auslandsvermittlung (PDF, 245kB)

Quellen:
Verantwortungsvoller Auslandstierschutz - So erkennen Sie seriöse Vereine
Sorgenkind oder Bereicherung? Straßenhunde aus dem Ausland aufnehmen
Auslandshunde - von der Straße auf´s Sofa?
Film: Müssen Straßenhunde immer gerettet werden?

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