150 Jahre Tierschutz in Kärnten

01.01.23

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Zur Geschichte des organisierten Tierschutzes

Zu Beginn ihrer Existenz lebten die Menschen noch im Einklang mit der Natur und nahmen sich als ein Lebewesen von vielen wahr. Spätestens mit der Industrialisierung änderte sich diese Lebensweise jedoch gravierend. Tierisches Leid wurde zur Verwirklichung menschlicher Bedürfnisse in Kauf genommen. Das Bewusstsein, dass auch Tiere Schmerzen empfinden, war kaum vorhanden. Doch mit der Zeit erhoben sich immer mehr Stimmen gegen dieses Unrecht. Und so begann im frühen 19. Jahrhundert die Geschichte des organisierten Tierschutzes.

Die ersten Tierschutzvereine entstanden

1824 wurde in London der weltweit erste Tierschutzverein gegründet:  die „Society for the Prevention of Cruelty to Animals“ (Königliche Gesellschaft zur Verhütung von Grausamkeiten an Tieren). Ihr Hauptsitz befindet sich nach wie vor in London und sie zählt mittlerweile zu den größten Spendenorganisationen in Großbritannien.

Im Jahr 1846entstand der erste Tierschutzverein in Österreich. Der „Tierschutz Austria“ hat seinen Sitz in Wien und setzt sich bis heute für die Rechte und das Wohl von Haus-, Nutz- und Wildtieren ein.

1873: Die Geburtsstunde des Tierschutzvereines in Kärnten

In Kärnten begann die Geschichte des organisierten Tierschutzes im Jahr 1873. Am 17. Jänner trafen sich hochrangige gesellschaftliche Persönlichkeiten zur konstituierenden Vereinssitzung im Hotel Europa. Vereinspräsident Landestierarzt Dr. Franz Oertel betonte in seiner Gründungsansprache, dass der „Thierschutz ein vorzügliches Mittel zur Veredelung des menschlichen Charakters“ sei. Denn wer Tiere gegen Rohheit und Grausamkeit in Schutz nehme, der könne kein böser Mensch und gegen seine Mitmenschen nicht hartherzig sein. Der Verein, der damals noch den Namen „Thierschutz-Verein für Kärnten“ trug, warb in Zeitungen um Mitglieder. Die Aufnahmegebühr betrug 50 Kreuzer (heute circa € 0,80).

Um das Wohlwollen der Bevölkerung musste der Verein zu Beginn seiner Ära jedoch hart kämpfen.  Der folgende Ausschnitt aus der Klagenfurter Zeitung, 4. Juli 1874, lässt erahnen, dass die „Idee der Verwandtschaft zwischen Menschen und Tieren“ zunächst auf wenig Gegenliebe stieß:
„Klein waren die Anfänge – klein auch die Hoffnung – stand doch dem ernstesten Bemühen der Mangel an Verständnis für die Bedeutung und die Rechte der Thierwelt, vollkommener Indifferentismus, eine unzulängliche Gesetzgebung, und auf dem flachen Lande allüberall Mangel an Bildung und an tauglichen Kontroll- und Exekutiv-Organen gegenüber.“ (Quelle: Klagenfurter Zeitung, 4. Juli 1874).

Erste Erfolge

Doch die Tierschützerinnen und Tierschützer ließen sich nicht entmutigen. Im ersten Jahr standen weniger qualvolle Schlacht- und Transportmethoden auf ihrer Agenda. Damals wurden Nutztiere noch unter grausamen Methoden - in Fuhrwägen übereinander liegend, mit zusammengebundenen Beinen und nach unten hängenden Köpfen – zum Schlachthof transportiert.

Schon bald durfte der Tierschutzverein seine ersten Erfolge verzeichnen. Noch im Gründungsjahr 1873 erließ die Kärntner Landesregierung eine Verordnung zum „humaneren Schlachtvieh-Transport“ und im städtischen Schlachthaus wurden moderne Schlachtinstrumente eingeführt.

Ein Jahr nach der Vereinsgründung zählte der Tierschutzverein 247 Mitglieder. Im Jahr 1905 erreichte er erstmals die Anzahl von 1000 Mitgliedern (Quelle: Klagenfurter Zeitung, 1905). Offiziell ins Vereinsregister eingetragen wurde der Verein aber erst im Jahr 1931.

Zuckerbrot und Peitsche

Wie bringt man die Bevölkerung dazu, Tiere besser zu behandeln? Hier setzte der Tierschutzverein auf ein System aus Strafen und Belohnungen. So wurden Prämien an jene Menschen, die ihre Arbeitstiere mit Rücksicht behandelten, ausbezahlt. Auch aufmerksame Aufsichtsorgane wurden mit Prämien belohnt. Die städtische Wachmannschaft erhielt 1917 eine Pauschalprämierung für ihr aufmerksames Einschreiten gegen Tierquälerei.

Andererseits wurde tierquälerisches Verhalten aber auch den Behörden zur Anzeige gebracht und die Täter wurden dafür bestraft: Im Jahr 1881 zählte der Verein etwa 18 Abstrafungen in Klagenfurt und drei im Bezirk Klagenfurt-Umgebung (Quelle: Klagenfurter Zeitung 1882).

Hoffen auf die Jugend

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war man davon überzeugt, dass die Schule der beste Ort zur Verankerung und zur Verbreitung des Tierschutzgedankens sei. Denn: Wer Tiere quäle, der mache auch vor Menschen nicht halt. Der „Thierschutz“ sollte daher ein unzertrennlicher Teil der Gesamterziehung werden.

Grundwerte in Sachen Tierschutz wurden in Form von kindgerechten Büchern und Broschüren vermittelt. So ließ der Tierschutzverein im Jahr 1876 mehrere Hundert Exemplare der Broschüre „Misshandelt die Thiere nicht!“ drucken, um sie zunächst in Volksschulen, und danach in sämtlichen Schulklassen in ganz Kärnten zu verteilen.

Schutz der Singvögel und Lastentiere

Vor 150 Jahren waren die Winter so kalt, dass Singvögel unter der geschlossenen Schneedecke kaum noch Nahrung fanden. Ihre Fütterung lag dem Tierschutzverein daher sehr am Herzen. Er errichtete Futterhäuschen in der gesamten Stadt. Zur Verzierung der immer größer werdenden Damenhüte wurden Schmuckfedern genutzt. Dafür wurden Tausende Vögel getötet, etliche Wildvogelarten waren vom Aussterben bedroht. Im Jahr 1891 veröffentlichte der Tierschutzverein in der Klagenfurter Zeitung einen „Aufruf an die Damenwelt“, mit der Bitte, dem „gräulichen Massenvogelmorden ein Ende zu bereiten“. Der Appell wurde in 700 Exemplaren gedruckt, an alle größeren Zeitungen gesandt und zeigte letztendlich Wirkung. Der Federschmuck verlor an Attraktivität und mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges kam der weltweite Federhandel komplett zum Erliegen.

In den Folgejahren stand zunehmend der Schutz der Lastentiere im Vordergrund der Tierschutzarbeit. Denn auch wenn der Ausbau des Eisenbahnnetzes voranschritt, setzte man bei Transportarbeiten in erster Linie auf Ochsen und Pferde. Hunde galten als Zugtiere des armen Mannes bzw. der armen Frau. Doch die Wägen der Lastentiere waren oft mit viel zu schwerem Gepäck beladen, Knechte misshandelten sie brutal. Auch die Klagenfurter Pferdebahn – eine Art öffentliches Verkehrsnetz, das die Bevölkerung per Kutsche vom Stadtzentrum bis zum Wörthersee transportierte – gab aufgrund von überfüllten Wägen wiederholt Anlass zu Beschwerden.

Die Errichtung eines Tierheims

Vor 150 Jahren unterteilte man Hunde in zwei Klassen: Haustiere und Straßenhunde. Während erstere zur Bewachung und zur Jagd eingesetzt wurden, waren herrenlose Hunde den Quälereien der Menschen schutzlos ausgeliefert. Fing sie der Wasenmeister ein, drohte ihnen der Tod. Doch in Ermangelung eines Tierasyls konnte man ihnen kaum Schutz bieten. Viele Jahre lang kämpfte der Tierschutzverein für den Bau eines Tierasyls. Doch der lang gehegte Wunsch wurde erst im Jahr 1932 Wirklichkeit. Damals beschloss die Landesregierung die Errichtung auf dem Grundstück des ehemaligen Tierspitals, in der St. Veiter Straße 31. Ein Leben auf der Straße war fortan kein Todesurteil für herrenlose Tiere mehr. Sie fanden in den Ställen und in den Boxen des Tierasyls Unterschlupf.

Im Laufe der Jahrzehnte wechselte das Tierheim immer wieder seinen Standort. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es eine Zeitlang auf einem Grundstück in der Rosentaler Straße untergebracht. In den 1950er-Jahren stellte die Stadt Klagenfurt dem Tierschutzverein ein Grundstück in der Kirchengasse in St. Ruprecht zur Verfügung. Ende der 1970-er Jahre mussten die Tiere erneut siedeln: Das neue Tierschutzhaus wurde 1980 bei Nessendorf errichtet und immer wieder ausgebaut. Der Bau wurde vom deutschen Kaufhauskönig Helmut Horten finanziell unterstützt. 25 Jahre später wurde auf einem benachbarten Areal mit dem Bau des fünf Mal so großen TierschutzKompetenzzentrums (TiKo) begonnen. Rund 1000 Tiere werden dort pro Jahr versorgt. Die erste Baustufe war 2011 beendet, die zweite Baustufe folgte 2013. Ehrenpräsidentin Gräfin Heidi Goëss-Horten unterstützte den Neubau mit drei Millionen Euro.
Das Jahr 2013 markiert einen Meilenstein, mit dem auch alte Strukturen aufgebrochen und die Wandlung von einer privaten zu einer öffentlichen Einrichtung vollzogen wurde.

Heute zählt das TiKo zu einer der modernsten Tierschutzorganisationen Europas.
Mittlerweile zählt der Landestierschutzverein mehr als 4000 Unterstützer aus Kärnten, Österreich und über die Landesgrenzen hinaus.

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